Taspo Garten Design 2006

Taspo Garten Design

Text und Fotos von Petra Reidel. In: Taspo Garten Design 1.2006, Heft 1, S. 20-24

Aus einem Guss

Er hat die stattliche Größe von 2.000 Quadratmeter und liegt in der Rheinebene. Er interpretiert die klassische Moderne, ist konsequent durchgeplant, großzügig und familienfunktional. Er umfasst das Haus wie eine Brosche und bildet mit dem Gebäude eine spürbare Einheit. Er ist ein Garten von Katrin Lesser, Landschaftsarchitektin aus Berlin.

An seiner Entstehung waren neben Katrin Lesser auch der bauleitende Landschaftsarchitekt Alexander Buchmüller und als Bauleiter Erhard Anger, Geschäftsführerder Schuler GmbH & Co., Garten- und Landschaftsbau aus Freudenstadt, beteiligt.

Ein kinderfreundlicher Garten mit ebenen Flächen zum Ballspielen und ein Bouleplatz, so lauteten die Wünsche des Bauherren an die Landschaftsarchitektin Katrin Lesser. „Schön war für mich, dass die Planung von Haus und Garten parallel lief und deshalb eine enge Abstimmung mit dem Hochbauarchitekten Henning Baurmann möglich war“, erzählt Katrin Lesser. So entdeckt dann auch der Betrachter schnell den konsequenten und formalen Guss beider Objekte, die zu einer Einheit verschmelzen. Die enge Verbundenheit von Haus und Garten führte auch zur Prämiierung bei der „Auszeichnung guter Bauten 2005“, der alle drei Jahre vom Landesverband Baden-Württemberg des Bundes Deutscher Architekten vergeben wird und zur Auszeichnung beim Wettbewerb der Architektenkammer „Beispielhaftes Bauen in Karlsruhe 2005“.

„Den Bouleplatz zu integrieren war eine spannende Aufgabe“, erläutert Lesser. Gelöst wurde sie durch die aufgelockerte Anordnung runder, den Boulekugeln nachempfundenen Beeten mit Stauden, Obstbäumen, Rasen und einer runden Sitzmauer. So entstand ein gemütlicher Versammlungsort für die ganze Familie. Richtig austoben dürfen sich die Kinder auf einem eigens dafür angelegten Spielplatz. Kinderspielplatz und Bouleplatz sind durch eine 20 Meter lange Sitzmauer und eine ebenso lange und neun Meter breite Rasenfläche verbunden.

Der Höhenunterschied im Gelände wird sehr schlicht und unauffällig durch gesägte Natursteinplatten aufgefangen. Vom Bouleplatz führt eine breite Treppe zu einer weiteren Terrasse, welche über einen schattigen Weg mit dem Sürhof auf der Vorderseite des Gebäudes verbunden ist. Blickfang auf der Südseite ist das Atrium , in dessen Mitte ein wunderschöner Cornus kousa chinensis das Regiment führt. Die Sträucher und Stauden sind alle von Katrin Lesser „handverlesen“ und eigens für diesen Garten auserwählt. Lesser lobt die unkomplizierte und höchst zuverlässige Zusammenarbeit mit Alexander Buschmüller und mit der Firma Schuler. Auch die Bauherrschaft war angenehm beeindruckt von der Arbeit der Landschaftsgärtner. „Wenn die Gärtner da sind, ist das fast wie Urlaub“, so die Bauherrin, die mit diesem Gewerk am besten zurechtkam.

In die Auswahl des richtigen Natursteins haben Katrin Lesser und Henning Baurmann viel Zeit gesteckt. Der gemeinsame Besuch der Messe Stone+tec sollte das Ergebnis liefern, führte letztendlich aber nur zu einer engeren Auswahl, die niemanden überzeugte. Schließlich stießen sie bei einem Natursteinhändler auf eine geflammte Platte des anthrazidfarbenen Nero assoluto. Der Stein gewann sozusagen sofort das Herz aller Entscheider und fand sogar im Haus als Bodenbelag seinen Platz. Schlicht und zurückhaltend ist der Nero assoluto das verbindende Element zwischen Haus und Garten. Er ist das perfekte und entspannte Pendant zu den handgeformten, eher knochig und unruhig wirkenden „Wittmunder Klinkern“ der Hausfassade. Konsequenterweise wurde kein weiterer Naturstein oder Betonstein verarbeitet und als Terrassenplatte, Stufe, Sitzmauer oder Mauer unterstreicht dieser Stein den formalen Charakter des Gartens. Der Nero erlaubt vor allem durch seine gleichmäßige Färbung eine elegante und ruhige Linienführung. Die so entstandenen Gartenräume wirken deshalb nicht getrennt, sondern durch den Stein verbunden.

Vor dem Erfolg steht bekanntlich die Arbeit, aber dass es sich bei diesem Bauvorhaben um so viel schweißtreibende Erdarbeit handeln würde, damit hatte niemand gerechnet. Aufgetretene Setzungsrisse im Baugrund verursachten bei Anger und Buchmüller plötzlich Zweifel an der wirklichen Verdichtbarkeit des Bodens. Die anspruchsvollen Natursteinarbeiten mit nach Werkplan gesägten Kantensetzten einen stabilen Baugrund voraus. Ein Plattendruckversuch brachte trügerische Ergebnisse durch eine oberflächliche Verdichtung im Rahmen des Baubetriebes, denn es handelte sich beim vorhandenen Baugrund um einen so genannten „Minutenboden“. „Ist der zu trocken, wird er pulverförmig, ist er zu nass, dann schmiert dieser Boden“, erläutert Buchmüller.

Die Hinzuziehung eines Baugrundgutachters war unabwendbar und wurde baubegleitend durchgeführt. Insgesamt mussten über 1.000 Kubikmeter Boden durch verdichtungsfähiges Material ersetzt werden. „Unsere ertse Tat bestand in der Freilegung des Hauses bis auf das Fundament“ erläutert Anger, da auch das Verdichten der Arbeitsräume laut Gutachter nicht ausreichend möglich war. „In dieser wahnsinnigen Enge zwischen den verschiedenen Gewerken mit kühlem Kopf alle bereits verlegten Leitungen erneut freizulegen und den Baugrund teilweise bis in vier Meter Tiefe auszutauschen, bedarf nicht nur einer Eselsgeduld, sondern braucht auch viel Geschick und dieses hat unser Baggerfahrer mehr als einmal bewiesen“, freut sich Erhard Anger. Zusätzlich musste der Wurzelbereich einer alten Blutbuche mit Brückenkonstruktionen aufwändig überbaut werden. Der Baubeginn verzögerte sich aufgrund dieser Maßnahme um vier Wochen. Die neu eingebrachte Tragschicht wurde in den Terrassenbereichen teilweise mit Stahlbetonplatten überdeckelt. Angedübelt an das Fundament des Hauses, war nun eine definitiv setzungsfreie Grundlage geschaffen, die aber leider keine freie Verlegung des Natursteines mehr zuließ. Dies wiederum zog eine Reihe von Umplanungen für Lesser nach sich, da nun alle Mauern und Beläge in starres Bauweise auszuführen waren.

Der Nero assoluto gehört zu den Gabbro-Gesteinen, obwohl er landläufig meist unter den Graniten zu finden ist. Die um rund zehn Prozent höhere Dichte als bei grauem Granit stellt hohe Anforderungen an die Bearbeitung . Jede Platte, jede Stufe, jeder Mauerstein war auf den Millimeter genau nach Werkplan der Landschaftsarchitektin zugeschnitten. „Für den Eingangsbereich und die Zufahrt zur Garage wurden sogenannte Sandwichplatten vom Natursteinwerk angefertigt“, erläutert Anger.

Hierfür wird die Unterseite der drei Zentimeter dicken „Nero-Platte“ sandgestrahlt, mit Spezialkleber behaftet und mit nassem Beton auf eine Höhe von rund 10 cm aufgegossen. Durch dieses Verfahren erhöht sich die Bruchsicherheit der dünneren und somit auch kostengünstigeren Natursteinplatte um ein Vielfaches. Dadurch war es möglich, die Platten mit einem Abstand von 4 cm auf Einkornbeton zu verlegen.

Die Mauer zwischen Bouleplatz und Rasenfläche bedurfte ebenfalls einer Sonderkonstruktion, die Erhard Anger zusammen mit Herbert Salzbrunn vom Natursteinwerk Schütz ausklügelte. Eine Betonwand aus Betonfertigteilen bildet die Grundkonstruktion. Am unteren Ende der Betonwand hält eine Edelstahlwinkelschiene die 15 cm dicken Natursteinplatten, welche oben an der Betonmauer durch Edelstahlanker aus der Fassadentechnik befestigt sind, um ein Abrutschen zu verhindern. „Solche technischen Herausforderungen sind immer eine willkommene Abwechslung“, schildert Anger, der zusammen mit seinem Baustellenleiter viel Herzblut in diese Baustelle investierte. „Besonders schön für die Firma Schuler und auch für mich ist, dass die Verbindung zu diesem Garten durch einen Pflegeauftrag noch lange erhalten bleibt“, so Anger. Dies freut auch Katrin Lesser, die hohe Ansprüche an eine erstklassige Pflege „ihres“ Gartens stellt.

Katrin Lesser Katrin Lesser arbeitet seit 12 Jahren als freie Landschaftsarchitektin in Berlin. Vor dem Studium der Landespflege stand die Ausbildung zur Baumschulmeisterin. Besonders angetan haben es Katrin Lesser die historischen Gärten und somit auch die Gartendenkmalpflege. Diese Liebe, die sicherlich auch durch die Erforschung der Anlagen ihres Urgroßvaters und bekannten Gartenarchitekten Ludwig Lesser gefördert wurde, kommt in dem Buch „Gartendenkmale in berlin – Privatgärten“, welches sie 2005 als Hauptautorin für das Landesdenkmalamt Berlin geschrieben hat, zum Ausdruck. Dass Lesser auch mit der klassischen Moderne umzugehen weiß und ein untrügliches Gespür für Gartenharmonie hat, beweist das hier beschriebene Projekt.

Erhard Anger Erhard Anger ist Techniker im Garten- und Landschaftsbau und seit 1984 Geschäftsführer der Schuler GmbH & Co, garten- und Landschaftsbau, Freudenstadt. Ehrenamtlich engagiert sich Anger bereits seit vielen Jahren im Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V., wo er nach regionalen Ämtern acht Jahre als Schatzmeister im Präsidium tätig war und im Jahr 2004 von den Mitgliedern zum Präsidenten gewählt wurde.

Alexander Buchmüller Nach dem Studium der Landespflege an der FH in Nürtingen arbeitete Alexander Buchmüller in verschiedenen Planungsbüros. Seit 2002 ist Buchmüller Partner von Prof. Schmid-Treiber-Partner in Leonberg und leitet unter anderem die Abteilung Landschaftsarchitektur. Als bauleitender Landschaftsarchitekt hatte Buchmüller die nicht ganz einfache Aufgabe, Idee und geplante Wirkung des Gartens vor Ort eins zu eins umzusetzen.